Es stellt sich anhand des neuen Frauentages in Berlin die Frage, warum nicht jeder Mensch einmal im Jahr, an einem gesetzlichen Feiertag, das feiern kann, was er möchte: die Frauen, die Männer, die Kindern, einen historischen oder kulturellen Anlass, einen Mitmenschen, eine gute Tat (…). Dafür hätte man in Berlin einen arbeitsfreien Tag als „positive Leerstelle” für einen FEIER(was-Du-möchtest)TAG festlegen können.
„Die Meinung der Bevölkerung wurde nicht berücksichtigt“ sagt der Berliner Erzbischof Heiner Koch anlässlich des neu eingerichteten Frauentags als gesetzlicher Feiertag. Dem ist nicht zu widersprechen. Es ist seltsam, dass man erst beschließt, dass es einen Feiertag gibt und im Folgenden erst überlegt, wofür er sein könnte. Üblicherweise ist dieser Vorgang andersherum. Interessant ist auch, dass der Bischof, neben den 9. November, an dem im Grunde genommen mehrere Anlässe verknüpft werden können (u.a. der Jahrestag des Mauerfalls 1989, der Beginn der Novemberpogrome 1938, die Novemberrevolution 1918 und für mich persönlich der Tod meines Schwiegervaters) sich für den evangelischen Feiertag des Reformationstags einsetzt. Das ist als Katholik sehr tolerant. Ich fühle mich so emanzipiert, dass ich den Frauentag eigentlich nicht brauche. Ich halte ihn, im Zeitalter der Diskussion um Unisex-Toiletten, irgendwie überholt.
Deshalb: Ein Feiertag, der gesetzlich eingerichtet, als „Leerstelle“ für das Gedenken steht, das man begehen möchte: hier wird der Mensch selbst gefragt und ein Bekenntnis verlangt, über das man dann spricht und das somit sichtbar ist. Ganz im Sinne der Vita activa von Hannah Arendt. Das wofür gefeiert oder an was gedacht wird, darf der Bürger selbst entscheiden. Hier wird die Partizipation umgesetzt, das Schlagwort, dass in jedem Kulturentwicklungsplan seit 15 Jahren im ersten Absatz steht. Oder man wird aufmerksam, Aufmerksamkeit, auch ein Schlagwort vieler Coachimg-Seminare und neuerdings auch Schulfach in England. Wieviel Freiraum wollen und können wir uns geben?
Falls Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesvorsitzende der CDU, einmal Kanzlerin wird und es mit ihrem gestrigen Statement „Heute habe ich das Gefühl, wir sind das verkrampfteste Volk, das überhaupt je auf der Welt rumläuft. Das kann doch so nicht weitergehen.“ es ernst meint: Ich schenke ihr meine Idee des gesetzlichen FEIER(was-Du-möchtest)TAG.