Die vorliegende aktuelle Publikation Ewige Chronik – Vecná kronika. Das Böhmische Dorf in Berlin-Neukölln (Rixdorf) in Geschichte und Gegenwart ist das Lebenswerk von Manfred Motel (1942 – 2016 in Rixdorf). Mit dem Wissen über das Leben des Autors bekommt man auch einen Schlüssel zur Bedeutung seines Werkes, in dem Dorfgeschichte und Dorfarchitektur, Kirchengeschichte und religiöses Leben, Tradition und Dorfalltag mit dem Weltgeschehen verknüpft werden. Dieses Buch ist keine erweiterte Auflage der zuerst genannten Chroniken, es bietet neue umfassendere und vielschichtigere Informationen in Text und Bild. Die letzten dreißig Jahre der Dorfchronik sind gelebte und gleichzeitig geschriebene Dorfgeschichte von Manfred Motel in der Rolle eines Heimatforschers. Mit einem Vorwort von Franziska Giffey, Heinz Buschkowsky und Beate Klompmaker (Herausgeberin).
Diesem Buch liegt Manfred Motels Haltung zugrunde, das Dorf mitzugestalten, es zu schützen und gleichzeitig weiterzuentwickeln, und das nicht erst als Gründungsmitglied des Förderkreises Böhmisches Dorf in Berlin-Neukölln (1984). Der Stil der Publikation ist biographisch gehalten. Auch in und mit der Chronik gestaltet Motel Dorfpolitik. So wurde sie immer wieder bei kulturellen„ und religiösen Festen zitiert und war gleichzeitig ein Forum für Aufzeichnungen derselben. Die Aufzeichnungen der letzten dreißig Jahre haben so viel Gewicht, dass sie die zweite Hälfte des Buches ausmachen. Alle Informationen in diesem Buch prüft Motel auf ihre Relevanz anhand zweier Fragen, erstens: Was nützt die Information dem Böhmischen Dorf? und zweitens: Wie nützt sie der Herrnhuter Brüdergemeine?
Die Ewige Chronik ist keine Wissenschaft – sie schafft Wissen, so lautet der Tenor Manfred Motels. Die Dorfchronik von Manfred Motel mit ihren kontinuierlich geführten Aufzeichnungen verdient wirklich den Namen Chronik. Die Exulantensiedlung aus dem Jahre 1737 (Kulturdenkmal von europäischem Rang) ist ein Ort des Ankommens. Die Dankbarkeit darüber, dass Friedrich Wilhelm I. den Vorfahren eine „Heimat“ schuf, zeigt sich im Aufstellen des Denkmals Friedrich Wilhelm I., König in Preußen, im Jahr 1912. Der Bildhauer Alfred Reichel, ein Schüler von Reinhold Begas (Neptunbrunnen), hat das Denkmal entworfen. Die drei evangelischen Kirchengemeinden des Dorfes (alle Nachfahren der böhmischen Exulanten) Herrnhuter Brüdergemeine, Reformierte Bethlehemsgemeinde und Böhmisch-lutherische Bethlehemsgemeinde (bis 2005), finanzierten gemeinsam das Denkmal.
Das Trauma der Flucht aus Böhmen scheint geheilt – so sieht es auch Manfred Motel, dessen Gedanken, Überzeugungen, Prinzipien aus einem konservativen traditionellen Bewusstsein herrühren und einen hohen sozialen und zukunftsweisenden, sogar „ewigen“ Anspruch verfolgen.
Die Chronik spiegelt Zusammenhänge und Erkenntnisse gelebter Geschichte eines böhmischen Nachfahren in neunter Generation. Zwei Kinder und drei Enkelkinder bilden inzwischen die 11. Generation. Beate und Manfred Motels Leben ist geprägt von den Aktivitäten der Herrnhuter Brüdergemeine. Bei allen Bräuchen und Riten, die das Jahr strukturieren, sind sie dabei. Die Musik, das Mitwirken im Bläserchor (sie spielt Tenorhorn und er spielte Trompete) und im Kirchenchor (sie sang im Bass und er im Tenor) ist ihnen sehr wichtig. Beate Motel leitete fast 30 Jahre lang das Büro der Gemeinde und ist Gründungs- und Vorstandsmitglied des Museums im Böhmischen Dorf. Das kleine Museum ist seit dem Jahr 2005 im ehemaligen Schulhaus (1753–54) der Böhmen in der Kirchgasse 5 untergebracht. Zudem leitet Beate Motel die Geschäftsstelle der Deutschen Comenius-Gesellschaft e.V., die sich auch in ihrem Wohnhaus, Richardstraße 80 befindet. Das Kolonistenhaus, in dem Motels wohnen, ist eines der Gehöfte des Zeilendorfes, das nach dem großen Brand 1849 wieder.