Ja – zur Freiheit. Ja – zum Urheberrecht. Die Demonstranten und die Richtlinienbefürworter haben dieselben Interessen.

 

Meine Frage lautet: Wie lassen sich mit digitalen Werkzeugen demokratische Prozesse gestalten und Werte des Geistigen Eigentums in ihrer Vielfalt sichern? Das Ja zur Richtlinie führt ins Handeln. Die Richtlinie ist eine Linie, nach der man sich richten soll, es ist ein Anfang. 

Ist die Richtlinie ab Dienstag im Europaparlament beschlossen, müssen Netzpolitiker und Kulturpolitiker intensiv zusammenarbeiten und sich besser verständigen bezüglich der Umsetzung. Die Richtlinie ist als europäische Stimme für Freiheit und Vielfalt im Internet sehr wichtig. Für alle gleichermaßen: für Künstler, für Wikipedia-Autoren, für YouTuber, für User, also auch für die Demonstranten.

„Die Freiheit des Internets wird durch Schutz des geistigen Eigentums nicht verschlechtert. Ich hoffe sehr, dass dieser Konflikt zwischen Netzpolitikern und Kulturpolitikern ein Ende nimmt.“

Das sagt Gerhard Pfennig, Sprecher der „Initiative Urheberrecht“ am Samstag in der Akademie der Künste in Berlin auf einer Pressekonferenz, die der Versachlichung der Debatte über die Urheber-Richtlinie dienen soll. Pfennig möchte, dass man gemeinsam das Internetzeitalter so gestaltet und die Umsetzung der Richtlinie in der Form diskutiert, dass sowohl die Situation der YouTuber als auch die der Urheber und der Demonstranten, die ja alle das Gleiche wollen, verbessert wird.

In den Straßen tummeln sich bereits einige Demonstranten, die gegen die Richtlinie protestieren wollen. Die Initiative möchte, dass nach 18 Jahren endlich eine Richtlinie für das Urheberrecht im Internet beschlossen wird. Es arbeiten 35 Verbände und Gewerkschaften in der Initiative Urheberrecht, die die Interessen vertritt von insgesamt etwa 140.000  Künstlern und Künstlerinnen und weiteren Urhebern und Urheberinnen. Seit drei Jahren wird an der Richtlinie gearbeitet, die viel mehr ist als Artikel 13. Es geht darum, dass Internetplattformen die Urheber an ihren milliardenhohen Gewinnen, die sie mit den Werken der Künstler machen, zu beteiligen.

„Wir alle haben das gleiche Interesse, wir wollen das gleiche: das Leben mit und in dem Internet lebenswerter machen.“

Frank Überall sieht die starken Emotionen und die Härte der Diskussion in den letzten Tagen, die das emotionale Thema Uploadfilter auslöst. In der Öffentlichkeit wird ausschließlich zugespitzt auf ein Thema hin diskutiert: die Uploadfilter. Die sachlichen und inhaltlichen Ebenen werden wegen dieser Emotionen kaum geführt. Frank Überall betont: Er und der Journalistenverband möchten die Richtlinien, auch wenn man die Uploadfilter auch nicht wolle.

Prof. Dr. Frank Überall, copyright: Klompmaker

Matthias Hornschuh, Komponist sagt, er sei Erwerbsurheber, er würde also von den Lizenzen leben. Die Verwerter wie GEMA und VG-Wort und VG-BildKunst hätten Mandatierungsfunktion für die Komponisten, Tänzer, Künstler, Autoren und Musiker. Sie wollen eigentlich nur geltendes Recht mit den Plattformen im Internet durchsetzen. Das sei Fair. Fairness sei auch ein Begriff der Demonstranten und ein Begriff der Künstler, die die Urheberrechtsrichtlinien nach 18 Jahren endlich für das Internet einführen wollen. Man wolle auf Augenhöhe mit den Verwertern sein, es gäbe momentan ein Value-Gap: Eine Wertschöpfungslücke. Das heißt, jemand nutzt seine Musik und verdient damit viel Geld, der Künstler bekommt also wenig oder nichts. Hornschuh wird emotional:

Es geht hier um soviel mehr als um das Urheberrecht und wer einmal darauf guckt, wie die Debatten über die Regulierung des digitalen Raums in den letzten Jahren geführt wurden, wird die Parolen darin wiedererkennen.

Matthias Hornschuh, Musiker und Komponist © Foto: Klompmaker

Alexander Dommisch, Musiker, Produzent, Label-Besitzer erklärt, die Musiker leben vom Urheberrecht und von der Lizenzvergütung. Er weist darauf hin, dass 82 % der User YouTube für Musik benutzen, davon sind 35% nicht lizensiert und von Dritten hochgeladen. Nur 4% der milliardenschweren Gewinne die Youtube einfährt, werden von YouTube an die Künstler zurückgeleitet. Alexander Dommisch sagt:

Wir wollen Lizenzsicherheit, so dass User legal und rechtssicher ihre Musik nutzen können. Wir sitzen in einem Boot. Die da draußen demonstrieren gegen ihre eigenen Rechte.“

Alexander Dommisch, Musiker, Produzent, Label-Besitzer © Foto: Klompmaker

Pim G. Richter, Drehbuchautor betont, dass ein einzelner Künstler für seine Interessen in der digitalen Welt wenig ausrichten kann. Er ist überzeugt, es geht ohne Verwertungsgesellschaften nicht und betont:

Nur mit Verwertungsgesellschaften ist das Durchsetzen von Ansprüchen möglich. Sie sind ein ganz wichtiges Werkzeug, mit dem Urheber gemeinsam ihre Ansprüche gegen den Weltmarkt behaupten können.“

Peter Kraus vom Cleff und Klaus Staeck, Medienbruch, Akademie der Künste 2019 © Foto: Klompmaker

Peter Kraus vom Cleff vom Rowohlt Verlag sagt, dass die Richtlinie die Rechte der Urheber, insbesondere die der Autoren europaweit stärkt. Andere Behauptungen seien Unsinn. Kraus vom Cleff führt eine Metaebene ein und fragt: Wie funktioniert heute Demokratie? Er beobachtet gerade:

„Wie ein Gesetz, dass 500 Millionen Menschen betreffen wird, auf einen Artikel und ein Schlagwort, das im Artikel überhaupt nicht vorkommt, reduziert wird. Wie Meinung gemacht wird. Wie kurz vor den Wahlen versucht wird, von großen Konzernen die Menschen dazu zu bringen, eine Wahl zu treffen, die deutlich vielschichtiger ist, als sich über Artikel 13 nur Gedanken zu machen. Und so wird komplett die Zukunft der Demokratie aussehen, wenn wir nicht gemeinsam dagegen aufstehen und ein bisschen zurücktreten, durchatmen und überlegen. Worum geht es hier eigentlich?“

Peter Kraus vom Cleff endet mit einer Bitte: „Wer auch immer am 26sten Mai nicht wählen geht, der sollte sich bewusst sein, dass er auf ein Grundrecht verzichtet. Und: wer nicht wählt, wählt Extremisten.“

© Foto: gezett/Urheberinitiative

 

 

vor 5 Jahren